Das Schicksalsbuch
Wenn der Bundeshaushalt das „Schicksalsbuch der Nation“ ist, dann ist der kommunale Haushalt das „Schicksalsbuch der Gemeinde“. Anders als die meisten Bürgerinnen und Bürger interessieren sich dafür oft nur Fachleute aus Verwaltung und Politik. Das liegt in der Natur der Sache, also den Tausenden von Zahlenreihen und der anspruchsvollen Systematik eines öffentlichen Haushalts.
Dies erspart politisch Verantwortungsvollen nicht die Mühe, sich mit den großen Linien und wichtigen Einzelheiten einer Haushaltsplanung zu beschäftigen. Immerhin geht es bei jedem öffentlichen Haushalt um das Geld aller Steuerzahler/innen und um die Zukunftsfähigkeit eines Gemeinwesens.
Der Schurwald-FDP ist bewusst, dass das Thema „Gemeindefinanzen“ nicht der Renner des Publikumsinteresses ist. So berichteten die beim digitalen Stammtisch zugeschalteten FDP-Landtags-Kandidaten Dr. Ferdinand Kiesel (Wahlkreis 7 Esslingen mit Aichwald) und Ralph Kittl (Wahlkreis 8 Kirchheim mit Lichtenwald und Baltmannsweiler), dass beim Kontakt mit der Bevölkerung Themen wie verbilligte Tickets für den Öffentlichen Nahverkehr und kostenlose Kitaplätze angesprochen werden, nicht jedoch die Gemeindefinanzen. Sie bilden aber die Basis des Zusammenlebens vor Ort. „Deshalb müssen wir uns damit beschäftigen. Das ist unsere Pflicht als politische Kraft!“, so der FDP-Ortsvorsitzende Dr. Josef Dornbach.
Vor diesem Hintergrund hat die Schurwald-FDP bei ihren digitalen Stammtisch Anfang März 2021 die Haushaltsplanungen der Gemeinden ihres Wirkungskreises (Aichwald, Lichtenwald, Baltmannsweiler, Reichenbach/Fils) unter die Lupe genommen. Bei aller Unterschiedlichkeit der Gemeindestrukturen sind in jedem Haushalt klare Linien zu erkennen. Mit leichten Einschränkungen für Lichtenwald gilt: Die Kassen sind gut gefüllt, Liquiditätsprobleme wird es nicht geben. Auf der anderen Seite weisen die Ergebnishaushalte hohe Defizite aus. Als Grund wird nicht die Corona-Pandemie angeführt, sondern die schwer zu Buche schlagenden Abschreibungen. Diese müssen jedes Jahr erfasst werden, nachdem die kommunale Haushalts-Buchführung von der „Kameralistik“ auf die „Doppik“ umgestellt wurde.
Allen Gemeinderäten und auch den Bürgerinnen und Bürgern werde durch die Doppik nun klar, was für Unternehmen und Selbständige seit jeher selbstverständlich ist: Bei den Abschreibungen handelt es sich um den laufenden Werteverbrauch am (Gemeinde-) Vermögen. Dieser Verbrauch muss gegenfinanziert werden, um den Wert des Vermögens zu erhalten.
Ganz generell lasse sich in kommunalen Haushalten erkennen, dass gegen ein auf Dauer drohendes Minus im Ergebnishaushalt noch zu wenig unternommen werde. Nur in Lichtenwald habe man in einer Haushaltsklausur schon vor Weihnachten 2020 nachhaltig den Rotstift angesetzt und das Defizit im Ergebnishaushalt stark gedrückt. In den anderen drei Gemeinden wurde die Gefahr eines andauernden Defizits im Ergebnishaushalt zwar angesprochen, nennenswerte Gegenmaßnahmen, so eine erste Analyse, seien aber bislang kaum erkennbar. Ob nach einem Ende der Pandemie die kommunalen Einnahmen wieder sprudeln wie zuvor, sei äußerst fraglich. Insofern überraschten viele der geplanten Investitionen, auch wenn jede Gemeinde sicherlich gute Gründe dafür habe. Wie in Lichtenwald müsse dann aber auch das jeweilige Sparpotential ausgelotet und sorgfältig geprüft werden, wo Ausgaben gestrichen und Einnahmen erhöht werden könnten.
Teilnehmer der Diskussionsrunde betonten, dass jede Invention sicher finanziert sein müsse, dies aber nicht bedeute, dass keine Schulden gemacht werden dürften. Auch große Projekte müssten gestemmt werden, um Infrastruktur und Lebensqualität zu erhalten, wie z.B. Kindergärten, Schulen, Alten- und Pflegeheime, Sportstätten, Gemeindehallen oder auch Baugebiete. Ein ideeller und/oder finanzieller Ertrag langfristig angelegter Investitionen ergebe sich oft erst mit erheblicher Zeitverschiebung. Sei z.B. eine Gemeinde attraktiv, erweitere der so erzeugte Zuzug junger Neubürger/innen und stabilen Gewerbes den finanziellen Handlungsspielraum. Das fasste FDP-Landtagskandidat Ralph Kittl treffend zusammen: „Nicht mehr, mehr – sondern richtig müssen wir es machen!“ Deshalb werden die Schurwald-Liberalen beim Thema „Gemeindefinanzen“ beharrlich bleiben.
Dr. Josef Dornbach
Vorsitzender