Bürgermeister von 1914 bis 1954 in fünf verschiedenen politischen Systemen – Emil Hayer
(geb. 1887und gest. 1977) .
Begonnen hat die historische Zeitreise einer kommunal geprägten Geschichte des Historikers Ulrich Theurer am Anfang des 20-zigsten Jahrhunderts und endete in den 50-ziger Jahren des Nachkriegsdeutschlands. Vorgetragen in der Ortsbücherei in Aichwald-Schanbach am Dienstag, 06 Februar 2018.
Hayer wurde 1914 zum Bürgermeister von Beutelsbach gewählt, Bürgermeister in der Oberamtsstadt Besigheim ab 1920, von 1934 bis 1944 Bürgermeister zu Ebingen, dort am 01. Mai 1945 von der französischen Besatzungsmacht für wenige Monate zum Bürgermeister ernannt und schließlich von 1948 bis 1954 Bürgermeister von Schorndorf.
Dem Historiker Ulrich Theurer stand für seine Forschung über Emil Hayer der gesamte Nachlass des Ehepaars Hayer in deren letzten Wohnung in Schorndorf zur Verfügung, er konnte aus beider Familien Zeitzeugen befragen. Aus diesen primären Quellen zeichnete der Historiker Theurer ein interessantes Bild schwäbischer, kommunaler Politik über die erste Hälfte des 20-zigsten Jahrhunderts, wobei Ulrich Theurer seine Erfahrungen als Stadtrat von Schorndorf und Kreisrat über Jahrzehnte zu weiteren Erkenntnissen verhalf.
Dass Emil Hayer seine Bürgermeisterwahlen immer aus dem Stand heraus gewann und viele Jahre Bürgermeister blieb, ohne jemals Parteimitglied zu sein, verdankt er überdurchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten, einem ausgeprägten Pragmatismus, viel Mut und einer unerhörten Portion Glück. Und so ganz parteilos war Emil Hayer auch nicht, seine Frau und er waren im württembergischen Protestantismus weit vernetzt. Hayer war von
1922 bis 1933 Präsident des Württembergischen Gemeindetags und in dieser Zeit auch Aufsichtsrat bei der Bausparkasse GdF Wüstenrot. Inhaber beider Positionen nur mit der Ausbildung zum mittleren Beamtendienst.
Bemerkenswert, dass Emil Hayer in der Nazi-Zeit 1934 zum Bürgermeister von Ebingen gewählt wurde und sich bis zu seinem Rücktritt 10 Jahre gehalten hat. Gleichwohl er im Kreisleiter Kienert einen erbitterten Gegenspieler hatte. Überlebenshilfe für Hayer war dessen weit überdurchschnittliche kommunalpolitische Kompetenz, die auch von den Nazis respektiert wurde, sein soziales Engagement und eine riesen Portion Glück des Tüchtigen, der auch in politisch übergeordneten Kreisen eine schützende Hand hatte. Nicht zuletzt wollten es sich die braunen Machthaber auch nicht mit einem aktiven Mitglied der „Bekennenden Kirche“ verderben, zumal er für die Nazis auch politisch als Deutsch Nationaler erträglich war. Angesichts der 1944 laufenden massiven Judenverfolgung half aller Pragmatismus, den Nationalsozialismus zu umschiffen, nichts mehr. Hayer konnte die Verfolgung der Juden als dem auserwählten Volk mit seiner tief religiösen christlichen Überzeugung nicht weiter in Übereinstimmung bringen und trat zurück. Zunächst konnte Hayer sich finanziell über Wasser halten, als er in Biberach beauftragt war, in den umliegenden Dörfern die Gemeindefinanzen zu prüfen. Dann wurde er jedoch Zielperson des „Wehrwolfs“, was im Erfolgsfall seinen gewaltsamen Tod bedeutet hätte. Aber auch hier hatte er einen „Engel“ und konnte buchstäblich im letzten Moment untertauchen.
Am 01. Mai 1945 ernannte die französische Besatzungsmacht Hayer zum Bürgermeister in Ebingen. Dieses Amt hatte Hayer aber nur kurze Zeit inne, da er sich mit den Franzosen wegen deren Demontage von Betrieben überwarf. Hayer landet für 9 Monate in Einzelhaft.
Schorndorfer Geschäftsleute suchten 1948 einen Gegenkandidaten als Bürgermeister gegen den Amtsinhaber Gottlob Kamm (SPD). Diese erste freie Wahl zum Bürgermeister gewann Emil Hayer als „Bewerber von außen“. Er blieb Bürgermeister von Schorndorf bis 1954, wobei in seine Amtszeit die schwierigen Umstände des Wiederaufbaus fielen. Wegen seiner Verdienste wurde Hayer 1952 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Ein Höhepunkt seiner Amtszeit als Bürgermeister von Schorndorf war der Empfang des Bundespräsidenten Theodor Heuss zu den 700 Jahrfeiern.
Ulrich Theurer hat einen Abriss kommunaler Geschichte an Hand der Person von Emil Hayer gegeben, detailliert, spannend und deshalb einmalig, da Ulrich Theurer das Bild aus Primärquellen zeichnen konnte.
Die Ortsbücherei lieferte den passenden Rahmen für diese „historische“ Veranstaltung. Bei der Leitung der Ortsbücherei bedankt sich der FDP-Ortsverband Schurwald ganz herzlich für das Arrangement der Veranstaltung und Ausrichtung der Bewirtung. Vorbildliche kommunale Arbeit.
Dr. Josef Dornbach, Vorsitzender des FDP-Ortsverbands Schurwald.